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Armut in Deutschland

Auftrag und Handlungsfelder der Schulsozialarbeit

Materialien der Fachtagung vom 07. – 08. Dezember 2023

Armut betrifft in Deutschland Millionen von Menschen – insbesondere Kinder und Jugendliche. Nahezu jeder vierte junge Mensch gilt als arm oder armutsgefährdet. Dies hat weitreichende Konsequenzen für Bildungschancen, gesellschaftliche Teilhabe und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten.

Im Rahmen der jährlichen Nikolaustagung des Kooperationsverbunds Schulsozialarbeit, die am 07. und 08. Dezember 2023 digital stattfand, wurde dieses drängende Thema mit Expert*innen und Fachkräften intensiv diskutiert. Die Tagung stand unter dem Titel:

„Armut in Deutschland – Auftrag und Handlungsfelder der Schulsozialarbeit“.

Im Fokus standen wissenschaftliche Erkenntnisse zur sozialen Ungleichheit, die Herausforderungen für die Schulsozialarbeit sowie Handlungsmöglichkeiten zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in armutsbetroffenen Lebenslagen. Die hier zur Verfügung gestellten Materialien geben vertiefende Einblicke in die Inputs und Diskussionen der Tagung.

Zentrale Erkenntnisse der Tagung

Armut als strukturelles Problem

  • Prof. Dr. Thomas Pudelko betonte, dass Deutschland „bildungsökonomisch stabil“ bleibt, doch der sozioökonomische Status der Eltern bleibt entscheidend für den Bildungserfolg von Kindern​.
  • Die Langzeitstudie „Armut im Lebensverlauf 1990 – 2021“ von AWO und ISS verdeutlicht, dass Armut ein mehrdimensionales Problem ist, das neben materiellen Einschränkungen auch Bildung, soziale Teilhabe und Gesundheit betrifft​ (Quelle)

Klassismus als Diskriminierungsfaktor

  • Prof. Dr. Francis Seeck hob hervor, dass soziale Herkunft ein zentraler Diskriminierungsgrund ist. Klassismus erschwert den sozialen Aufstieg erheblich. Seeck plädiert dafür, Klassismus als eigenständige Diskriminierungskategorie anzuerkennen​ (Quelle)
  • Sarah Schnitzler und Andreas Kemper zeigten in ihren Workshops auf, wie sich Klassismus in der Bildungsbiografie niederschlägt und wie Schulsozialarbeit zur Entkopplung von Bildung und sozialem Status beitragen kann​ (Quelle)

Praxisperspektiven der Schulsozialarbeit

  • Anke Vollert und Madeleine Opitz von der AWO Halle-Merseburg berichteten über ihre Erfahrungen aus der Praxis und die Beobachtung, dass Bildungserfolg weiterhin stark von der sozialen Herkunft abhängt​ (Quelle)
  • Silke Starke-Uekermann und Michael Scholl (BAG KJS) diskutierten in ihrem Workshop die Auswirkungen von Klassismus als soziales Ungleichheitsverhältnis​ (Quelle)
  • Andreas Kemper brachte biographische Perspektiven ein und zeigte, wie Armutserfahrungen den gesamten Lebensverlauf beeinflussen.

Forderungen an die Politik und Gesellschaft

Die Tagungsteilnehmenden formulierten konkrete Forderungen zur Bekämpfung von Armut und zur Förderung von Bildungsgerechtigkeit:

  • Kostenfreier ÖPNV für Kinder und Jugendliche, um gleiche Bildungschancen unabhängig vom Wohnort zu ermöglichen​ (Quelle)
  • Ausbau der Schulsozialarbeit, um Kinder und Jugendliche niedrigschwellig zu erreichen​ (Quelle)
  • Einheitliche Standards für Schulsozialarbeit in allen Bundesländern (Quelle)
  • Armutsbewusstsein als Qualitätskriterium in der Kinder- und Jugendarbeit​ (Quelle)
  • Reform des Bildungssystems, um selektive und ausgrenzende Mechanismen abzubauen​ (Quelle)

Materialien der Nikolaustagung 2023

Hier finden Sie die Vorträge, Präsentationen und Workshop-Dokumentationen zum Download:

📄 Langzeitstudie: Armut im Lebensverlauf (AWO-ISS)
📄 Vortrag: Klassismus als Diskriminierungsgrund (Prof. Dr. Francis Seeck)
📄 Workshop: Bildungserfolg und soziale Herkunft (AWO Halle-Merseburg)
📄 Workshop: Klassismus als soziales Ungleichheitsverhältnis (BAG KJS)
📄 Workshop: Jugendarmut (BAG KJS)
📄 Zusammenfassung der politischen Forderungen

Die Schulsozialarbeit kann einen entscheidenden Beitrag leisten, um Armutskreisläufe zu durchbrechen und betroffene Kinder und Jugendliche zu unterstützen. Dies erfordert jedoch eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung und eine politische Strategie zur Bekämpfung sozialer Ungleichheit.